Kirchort St. Eugenius

Grundsteinlegung am 24. Juli 1955 mit Pater Dehne

Grundsteinlegung am 24. Juli 1955 mit Pater Dehne

Entstehung und Entwicklung der früheren Gemeinde St. Eugenius

Zwischen der Eisenbahnanlage in Richtung Lehrte und den Dörfern Alt-Wülfel und Bemerode, d. h. später zwischen dem Seelhorster Friedhof und dem neuen Messegelände, liegt der Hannoveraner Stadtteil Mittelfeld. Bis 1945 war das Gebiet kaum besiedelt; es wurde vielmehr als Acker- und Weidefläche genutzt. Während des Mittelalters lag das Gelände südöstlich der Altstadt auf Hildesheimer Diözesangebiet. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg (1939- 1945) lebten nur vereinzelt Katholiken im Süd-Osten Hannovers, die seelsorglich von der Pfarrei St. Bernward in Döhren und St. Michael in Wülfel betreut wurden. Es gab hier nur einige Häuser, jedoch groß angelegte Spargelfelder, wo z. B. vom Rittergut Bemerode II. Gemüseanbau betrieben wurde. Erst nach dem Bau von Wohnhäusern und der Anlage des Messegeländes entwickelte sich nach 1945 der neue Stadtteil Hannover-Mittelfeld. Seit Kriegsende waren zahlreiche Heimatvertriebene, Ausgebombte und Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone in die Landeshauptstadt Niedersachsens gelangt. Daher wurde es notwendig, dass nach der Währungsreform 1948 die Gemeinnützige Baugesellschaft mit dem Ankauf und der Bebauung des Geländes in Mittelfeld begann. Aus Mitteln des "European Recovery Program" und des Marshallplanes entstand hier 1950-1951 die erste Siedlung. Die Gemeinnützige Baugesellschaft überließ einen Teil des Geländes dem kath. Heimatwerk, das auf den Grundstücken 1951 Mietshäuser, ein Altenheim und einen Kinderhort erbaute. Bereits 1953 war das Gelände innerhalb eines Sonderprogramms für Evakuierte fast vollständig besiedelt. Etwa 10 000 Menschen hatten hier Unterkunft gefunden. Unter ihnen lebten 1953 2800 Katholiken, die hauptsächlich im Industriebereich Beschäftigung fanden. Viele stammten aus der Erzdiözese Breslau. Ein weiterer Anstieg der Katholikenzahlen in Mittelfeld wurde erwartet. Ebenso interessiert an katholischen Gottesdienstbesuchen waren damals Besucher und Aussteller der Deutschen Industriemesse, die seit 1947 in Hannover stattfindet. Kirchlicherseits wurde dem 1953 entsprochen, als man die kath. Pfarrvikarie St. Eugenius in Hannover-Mittelfeld einrichtete. Ein Geistlicher betreute das Gebiet seit 1952. Im Kinderhort "Marienruh" hielt er an Sonn- und Feiertagen Gottesdienst. Das im Jahre 1951 erbaute Haus "Marienruh" wurde vom Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden Hannover verwaltet. Es musste nach fast 20 Jahren wegen mangelnden Schwesternnachwuchses von der Ordensleitung der Grauen Schwestern von der hl. Elisabeth Ende 1971 aufgegeben werden. Die ca. 30 Heimbewohner siedelten in andere Altersheime in Hannover und Umgebung um. Das Altersheim konnte ohne Ordensschwestern nicht weitergeleitet werden. Die Leitung des Kinderhorts übernahmen Erzieherinnen, die keiner Schwesterngemeinschaft angehörten. Anstelle des Altersheimes wurden das Haus und der Kinderhort nach den Plänen des Architekten Rauck umgebaut; die Kindertagesstätten wesentlich erweitert und den heutigen Ansprüchen angepasst. Im Haus Marienruh wurden zehn Wohnungen ausgebaut und im Kellergeschoß ein Jugendheim eingerichtet. Zum 1. Januar 1973 übertrug der Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden Hannover das Grundstück "Am Mittelfelde 135" einschließlich der Kindertagesstätte der Kirchengemeinde St. Eugenius. Infolge der Beschäftigungsmöglichkeiten waren die Katholikenzahlen weiterhin gestiegen, so dass der Bau einer eigenen Kirche notwendig erschien. Die Kirchbaugenehmigung erteilte die Stadt Hannover 1955. Als Patrozinium wählte man den Hl. Papst Eugenius I. (655-657), der auch der Namenspatron des damals regierenden Papstes Pius XII. (1939 bis 1958) war. Mit Wirkung vom 1. April 1956 schieden die Katholiken des Seelsorgebezirkes Hannover-Mittelfeld aus den Pfarrgemeinden St. Bernward in Hannover-Döhren und St. Michael in Hannover-Wülfel aus und bildeten eine eigene Kirchengemeinde (Kuratiegemeinde). Zu St. Eugenius gehörte der Stadtteil Mittelfeld vor dem Messegelände sowie die Siedlung Seelhorst zwischen dem Messeschnellweg und dem Dorf Bemerode. Mit der Kreis- und Gebietsreform wurde 1974 die "Hannover Messe" in die Landeshauptstadt eingegliedert; danach auch kirchlich dem Pfarrverband von St. Eugenius angeschlossen. Zusätzlich hatte man 1957 die Kapelle im Altenheim als halböffentliches Gotteshaus eingerichtet. Der Stadtteil Mittelfeld war seit Ende der 60er-Jahre kein Zuzugsgebiet mehr. Viele Katholiken zogen in die neuen Stadtrandgebiete nach Süden und Westen. Der spürbare Rückgang traf das Gemeindeleben schwer; dies besonders in der Kinder- und Jugendseelsorge. Seit 1970 sank die Katholikenzahl hier von nahezu 3 300 auf knapp 2 000. Die Stadtrandgemeinde war 1978 überaltert und wies mit 1/5 "Gastarbeitern" Fluktuationen auf. Die Arbeit der Frauengemeinschaft und der Kolpingfamilie sowie weiterer Gemeindegruppen (Ökumene, Altenbetreuung, Jugendarbeit) trugen jedoch langfristig zur Entwicklung eines aktiven Gemeindelebens in St. Eugenius bei. Zur ev. Nachbargemeinde, der Gnadenkirche zum Hl. Kreuz Hannover-Mittelfeld, bestehen gutnachbarschaftliche Beziehungen. Gemeinsame Veranstaltungen sind der Weltgebetstag der Frauen, die ökumenische Andacht in der Pfingstwoche und der Martinstag. Aus- und Übersiedlerfamilien wurden nach 1980 in der Gemeinde aufgenommen; ihre Integration war schwierig. Mittelfeld als Arbeiterstadtteil Hannovers weist heute vielfältige soziale Problembereiche auf. Neben wenigen Eichsfeldern bilden hauptsächlich heimatvertriebene Katholiken den Stamm der Gemeinde, der sich in den letzten Jahren kontinuierlich verringert. Viele Gemeindemitglieder werden heute von Arbeitslosigkeit bedroht. Neue Beschäftigungsmöglichkeiten wurden durch die Niederlassung einer Computerfirma, die 1984 in Mittelfeld ihr Dienstleistungszentrum einrichtete, kaum geschaffen. Saisonbedingte Beschäftigungsmöglichkeiten bieten die beiden großen Ausstellungen CeBIT und die Industriemesse.